Visions du Réel richtet die Scheinwerfer seines Ateliers auf den Filmemacher Hassen Ferhani (143, rue du Désert). Die Hommage umfasst eine vollständige Retrospektive seiner Filme, eine Carte Blanche und eine Masterclass. Das Atelier zum kreativen Werdegang des algerischen Regisseurs wird in Zusammenarbeit mit der HEAD (Genf) organisiert. Als dritter hochkarätiger Gast dieser 53. Ausgabe des Festival international de cinéma Nyon, tritt Hassen Ferhani in eine Reihe mit der amerikanischen Regisseurin und Kamerafrau Kirsten Johnson und dem italienischen Regisseur, Autor und Produzenten Marco Bellocchio, der den Ehrenpreis des Festivals erhalten wird.

Gästezeitung 2022

Der Filmemacher Hassen Ferhani ist Visions du Réel schon seit vielen Jahren eng verbunden, präsentierte er doch bereits 2011 seinen mittellangen Film Afric Hotel am Festival, gefolgt vom Kurzfilm Tarzan, Don Quichotte et nous (2013). „Wir freuen uns sehr, Hassen Ferhani erneut willkommen heissen zu dürfen! Mit jedem seiner Filme verdichtet und erneuert er sein so kraftvolles und wie anmutiges Werk“, erklärt Émilie Bujès, künstlerische Leiterin von Visions du Réel.

Hassen Ferhani wurde 1986 in Algier geboren und kam über den Videoclub seines Quartiers zum Filmemachen. 2004 trat er dem Kulturverein Chrysalide bei, der in einem lokalen Kino einen wöchentlichen Filmclub organisierte. Hier entdeckte er das Werk von Tarkovski, Antonioni, Kiarostami und Cassavetes, hier wurden auch Filmemacher*innen wie Karim Moussaoui und Sofia Djama mit dem Kino initiiert.

In diesem Kollektiv realisierte er seinen ersten Spielfilm, den Kurzfilm Les Baies d’Alger (2006), der auf mehreren internationalen Festivals zu sehen war, bevor er 2008 die Sommeruniversität der Filmhochschule La Fémis besuchte. Es folgten Afric Hotel (2010), bei dem er zusammen mit Nabil Djedouani Regie führte, und Tarzan, Don Quichotte et nous (2013), eine Fortsetzung der digitalen Serie Un été à Alger, die vier algerischen Filmemacher*innen einlud, einen Dokumentarfilm über ihre Stadt zu drehen. Die anlässlich des 50. Jahrestags der algerischen Unabhängigkeit entstandenen Filme wurden unter anderem bei Visions du Réel aufgeführt.

Bereits sein erster Langfilm Dans ma tête un rond-point (2016) wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Drei Jahre später gewann Ferhani am Locarno Film Festival mit 143 rue du Désert (2019) den Preis für den besten aufstrebenden Regisseur. Mit einem humanistischen und engagierten Werk, das im Sinne des «Wahr-Lügens» (Louis Aragon) die Genregrenzen zwischen Dokumentarfilm und Fiktion überwindet, gehört Hassen Ferhani zu den wichtigsten Künstler*innen der Wiedergeburt des algerischen Kinos.

  • 143, Rue du désert (143 Sahara Street), 2019
  • A l’Ouest de Seriana, 2017
  • Fi rassi rond-point (Roundabout in my head), 2015
  • Tarzan, Don Quichotte et Nous (Tarzan, Don Quixote and Us), 2013
  • Afric Hotel, 2011
  • Les Baies d’Alger, 2006

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