Zang-e Tafrih

Abbas Kiarostami
Frankreich, Iran | 1972 | 11 min
Sprache : ohne Dialog

Ein kleiner Junge wird im Schulkorridor bestraft, weil er mit seinem Ball eine Scheibe zerschmettert hat. Nach dem Unterricht gerät er in ein improvisiertes Fussballspiel einer Gruppe älterer Jungs, die ihm den Weg versperren. Als er den Ball in einen benachbarten Hof köpft, wird er plötzlich Teil des Spiels, ohne es zu wollen. Er flieht, ein grösserer Junge verfolgt ihn, er versteckt sich und gelangt über Schleichwege in die Vororte der Stadt … so lässt sich das kiarostamische Heldenepos in wenigen Minuten zusammenfassen.  Der Junge muss seine Einsamkeit und Angst überwinden und das Objekt seiner Begierde und auch seiner aus Leid geborenen Leidenschaft retten – ein Brot, einen Ball, ein Heft, egal. Eine der ersten – eindrücklichen – Einstellungen zeigt eine Nahaufnahme des Kindes im verglasten Schulkorridor, während das Objektiv auf das Loch in der zerbrochenen Scheibe zoomt. Der Lehrer schlägt das Kind, und das Loch dieses «Sündenfalls» rahmt die Szene ein. Hier wird die Perspektive komplett umgekehrt: Jeder Mensch, der seinem Begehren nachgibt, wird die Fassade des schönen Scheins zerschmettern und dafür eines Tages bezahlen müssen.

Laurent Roth

Übersetzung BMP Translations